< Selbstverteidigung im Alltag: Ein Lehrgang in praktischer Abwehr von Bedrohungen
20.12.2023 13:16 Alter: 130 days
Kategorie: News DJJV, Aus- & Fortbildung, DJJV, Jugend, Nicht mit mir! Aus- & FortbildungDJJVJugendNicht mit mir!

GEWALTSCHUTZBEAUFTRAGTE   in Vereinen und Verbänden wichtiger denn je!


„Kindern und Jugendlichen, die sexualisierte Gewalt erfahren, muss schnell und wirksam geholfen werden. Dafür ist das Wissen über sexuellen Kindesmissbrauch bei den Fachkräften in Jugendämtern entscheidend. Die Erfahrungen von Betroffenen geben wertvolle Hinweise zur Verbesserung von Schutz und Hilfe. Jugendämter sollten auch erwachsene Betroffene unterstützen und ihnen Akteneinsicht ermöglichen.

Berlin, 12.12.2023. Betroffene und Angehörige haben der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs immer wieder geschildert, wie sie das Handeln des Jugendamts erlebt haben. Die Kommission hat diese Berichte wissenschaftlich auswerten lassen. Ergänzend wurden dazugehörige Jugendamtsakten analysiert und mit langjährigen Expert*innen aus der Fachpraxis vertiefende Interviews geführt. Die Ergebnisse werden heute in einer Studie veröffentlicht.

„Uns liegen einerseits Schilderungen von guter Fachpraxis und positiven Hilfeverläufen vor, die ermutigen und bestärken, weil Kinder aus der Gewaltsituation befreit wurden. Andererseits werden klare Defizite deutlich, aus denen dringend gelernt werden muss“, appelliert Prof. Dr. Barbara Kavemann, Mitglied der Aufarbeitungskommission. „Kinder und Jugendliche können sich bei sexualisierter Gewalt nicht selbst schützen. Dies zu tun und ihnen zu helfen, ist eine zentrale Aufgabe von Jugendämtern. Wenn das nicht gelingt, sind die Betroffenen zum Teil jahrelang der gewaltvollen Situation ausgesetzt mit weitreichenden Folgen für ihr Leben.“

Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass in einigen Fällen Hilfe möglich gewesen wäre, aber ausgeblieben ist. Betroffene Kinder oder Jugendliche waren teilweise grundsätzlich bereit, sich einer Fachkraft des Jugendamtes anzuvertrauen. Es gelang aber nicht, das dafür notwenige Vertrauen aufzubauen: Dazu hätte es Einzelgespräche ohne die Eltern, einen geschützten Rahmen und mehr Zeit für Gespräche gebraucht. Zudem war für viele Betroffene das Jugendamt erst einmal mit Angst verbunden. Diese Ängste waren geprägt durch Medienberichte, durch das soziale Umfeld, aber auch durch Täter bzw. Täterinnen mit dem Ziel, bewusst eine Drohkulisse aufzubauen: Kinder würden aus den Familien genommen und sie kämen ins Heim, wenn sie mit dem Jugendamt sprechen.

Auch ein Mangel an fachlichen Kenntnissen war ausschlaggebend dafür, dass Fälle sexualisierter Gewalt nicht erkannt wurden und Kindern und Jugendlichen nicht geholfen wurde. Umfragen mit Fachkräften in Jugendämtern sowie aktuelle Fallanalysen deuten darauf hin, dass diese Probleme auch heute noch bestehen. Fachkräfte müssen kontinuierlich dazu befähigt werden, die Situation eines betroffenen Kindes zu erkennen und richtig einzuschätzen, um gegebenenfalls schützend eingreifen zu können.

So sind nach Einschätzung von Dr. Thomas Meysen, Co-Autor der Studie, Jugendämter aufgefordert, Kinder und Jugendliche beim Schutzhandeln und in den Hilfeverläufen stärker einzubeziehen: „Der Geheimhaltungsdruck, unter dem von sexueller Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche stehen, ist regelmäßig besonders hoch. Wenn sich Kinder und Jugendliche selbst an Jugendämter oder an andere Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe wenden, brauchen Fachkräfte ein Bewusstsein, dass es in diesen Momenten nichts Wichtigeres gibt, als sich ihnen anzunehmen und ihnen Angebote zu machen. Nur dann und erst mit der Zeit gelingt es vielen von sexueller Gewalt
betroffenen Kindern und Jugendlichen, sich anzuvertrauen. Wenn der Schutz gelingt, haben Kinder und Jugendliche ein feines Gespür dafür, ob sie in den Hilfeverläufen aktiv einbezogen werden oder ob sie in der Kinder- und Jugendhilfe einen erneuten Kontrollverlust erfahren.“

Um Abläufe und Strukturen bei der Hilfe und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und Fachkräfte weiterzubilden, das zeigt die Studie, können die Erfahrungen von erwachsenen Betroffenen äußerst wertvoll sein. Jugendämter sollten Betroffene bei der Wahrnehmung ihres Rechts auf Aufarbeitung unterstützen, ihnen Einsicht in ihre Jugendamtsakte gewähren und ihnen, wenn die Betroffenen dies wünschen, die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen sowie ihr damaliges Erleben zu schildern. Die Betroffenen haben gegenüber der Aufarbeitungskommission immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig für sie der spätere Einblick in ihre Akten ist. Akten sollten daher nach Ablauf von Aufbewahrungsfristen einem Archiv angeboten, die Betroffenen über ihre Akteneinsichtsrechte informiert und sie bei der Sichtung und Auswertung des Akteninhalts begleitet werden.“

Aufgrund dieser Studienergebnisse und den gesellschaftlichen Erkenntnissen und Herausforderungen zur Thematik ist es dem DJJV wichtig qualifizierte und kompetente Ansprechpersonen für entsprechende Fälle in den Vereinen sowie Verbänden zu haben. Gerade die „Ersthelfer“ haben bei einem Vorfall und Intervention eine herausragende und verantwortungsvolle Rolle. Denn diese können durch die erworbenen Kompetenzen in den Aus- und Fortbildungen wertvolle Unterstützung für Betroffene und Beteiligte leisten. Die Basisschulung findet online statt, die vertiefenden Inhalte und die Fortbildungen in Präsenz. Ziel soll es sein in den regionalen Bereichen Vereine bei Risikoanalysen und der Erstellung von Schutzkonzepten zu beraten und zu unterstützen. Besonders hilfreich sind dabei die Angebote und Qualifizierungen der Deutschen Sporthochschule Köln in Kooperation mit der Universitätsklinik Ulm im Bereich „E-Learning Kinderschutz – Schutzkonzepte im Ehrenamt“.

Auch im Jahr 2024 sind Basisschulungen (online) für Gewaltschutzbeauftragte geplant:

  • 11., 13. und 18.03.24
  • 14., 19. und 21.08.24

Anmeldemöglichkeiten unter: https://www.djjv.de/jugend/termine/online-fortbildungen

Fortbildungen und vertiefende Präsenzveranstaltungen werden auf Nachfrage und Bedarf individuell terminiert und durchgeführt.

Fritz Schweibold
Referent Gewaltprävention DJJV


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