< Landeslehrgang Inklusion: „Ju-Jutsu im Stillen – Selbstverteidigung für Taube und Hörgeschädigte“
26.10.2019 16:51 Alter: 5 yrs
Kategorie: Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein
Von: Anja Sell

Slow is smooth and smooth is fast


Der zweite Prüfungsvorbereitungslehrgang dieses Jahres wurde vom TuS Lübeck ausgerichtet. Die beiden Referenten John Darboven, 3. Dan Ju-Jutsu, Trainer-A Leistungssport; und Jens Dykow, 6. Dan Ju-Jutsu, 1. Dan Jiu-Jitsu, Trainer-A Breitensport, gingen auf Schwerpunkte ein, die bei der letzten Landesprüfung aufgefallen waren.
Darunter u.a. die freien Bewegungsformen auf den
auf 2. und 1. Kyu, die Jens ins Aufwärmprogramm integrierte. Ein weiteres Sorgenkind sind die Komplexaufgaben, die John Graduierung für Graduierung durchging: Bei den Fausttechniken für Orangegurt ist das Distanzgefühl, die räumliche Wahrnehmung, optimale Technikausführung und Dynamik wichtig. Der Partner ist passiv und bewegt sich leicht auf der Matte mit defensiven Abwehrhandlungen, heißt es sind Idealbedingungen die Techniken zu demonstrieren. Begonnen wird aus einer größeren Distanz, die dann erst überwunden werden muss. Ein weiteres Detail ist die eigene Deckung. Zu Beginn gab John einige Kombinationen mit unterschiedlichen Distanzen vor, dann konnten die Teilnehmenden frei agieren. Für die Komplexaufgabe im Bereich Wurf empfiehlt John, dass drei Wurftechniken ausreichen, diese sollten aber technisch korrekt ausgeführt werden, das Timing muss stimmen und die Prinzipien müssen verstanden sein. Für die Aufgabe bewegt sich der Partner locker mit: „Das ist wie Tanzen in der Disco, nur leidenschaftsloser. Nehmt den Impuls auf, seid locker, macht eine gute Show daraus“, so John. Auch die Komplexaufgaben bis hin zum 1. Dan wurden geübt. Als abschließenden Tipp zum Thema Komplexaufgaben sagte Jens: „Leg euch 2-3 Kombinationen zurecht, die genau für euren Körper passen. Und genau die sollt ihr in Perfektion zeigen. Zum Üben fangt langsam an, dann wird es geschmeidig, und damit wird es automatisch flüssiger und schneller“. Der nächste Themenkomplex waren Hebeltechniken, hier arbeitete Jens die Nuancen heraus, die wichtig sind zur optimalen Technikausführung. Schwierigkeiten bereitet immer wieder die Prüfungsaufgabe Weiterführung. Die Grundidee ist, dass die Technikausführung durch eine Reaktion des Partners nicht mehr möglich ist. Im Bereich Atemi heißt das, er blockt oder fegt. Für die Weiterführung wird diese Aktion/Position/Energie von Partner genutzt, um die Situation zu beherrschen. „Da Atemis sehr schnell ablaufen, dürft ihr hier vorher absprechen, wie es ablaufen soll und wir üben es langsam“, so Jens. Slow is smooth and smooth is fast – das ist eine Kampfsportweisheit: Wenn eine Sache langsam ausgeübt wird, kann sie rund und ohne Ecken ausgeführt werden. Und etwas, das rund und geschmeidig ausgeführt werden kann, das kann geht auch schnell. „Wenn ich etwas von Anfang an versuche schnell auszuführen, wird es meist eckig sein.“ Jens demonstrierte einige Beispiele, die aus einer Grundsituation hergestellt wurden. Der Impuls von Uke wurde dann entsprechend genutzt. Auch zur Weiterführung bei Wurftechniken zeigte Jens verschiedene Variation wie Uke reagieren könnte und welche Option es bietet. Wenn Weiterführung trainiert wird, ist Nachtanzen etwas, was dazu führt, dass es immer so gemacht wird – dies ist aber nicht zielführend. „Letztendlich müsst ihr spüren was für ein Druck kommt. Weiterführung ist immer eine Überraschung, ich weiß nie was in der Verpackung ist.“ Den letzten Teil des Lehrgangs übernahm wieder John mit den Themen Selbstverteidigung und freie Anwendungsformen. Bei der Selbstverteidigung bis zum Braungurt sind es vorgegebene Angriffe. Es ist bekannt, welche Angriffe kommen und wenn der Prüfling dann getroffen wird, ist das ein No-Go: Ein Nochmal wird es nicht geben in der, genauso wie in der Realität. John vermittelte den Teilnehmenden: „Mir als Prüfer ist wichtig, dass die Verhältnismäßigkeit stimmt, dass die Verteidigungshandlung stimmig ist und zügig durchgeführt wird“. Des Weiteren ist es wichtig sich nicht selbst zu gefährden und die Situation zu beherrschen. Bei der freien Anwendung sind beide Partner gleichberechtigt, aber die Prüfung wird zusammen bestanden. Das heißt, es ist ein miteinander, kein „Ich bin der Stärkste“. Das würde Abzüge im Partnerverhalten geben. Ein Tipp von John: „Wenn ihr die Chance habt, fahrt zum Landeskadertraining, hier wird dieser Part 2-3 Stunden trainiert“ Die Anwendungsformen sollten regelmäßig trainiert werden, auch um die Belastung zu schulen. Ju-Jutsu ist reine Theorie, solange nur Techniken in Kombinationen runtergebetet werden - weil der Partner mitspielt. Das hat mit Selbstverteidigung nichts zu tun. Ob Techniken funktionieren, spürt man erst, wenn es einen Gegner gibt, der selber versucht zu punkten. Deshalb sind diese Disziplinen, auch im Breitensport, sehr wichtig: Hier sind die Techniken auf den Prüfstand, es wird herausgefunden, was wirklich geht.

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